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MPOA - Funktionsvielfalt in ATM-Netzen

Eintopf

Lothar Zier

Die Integration von ATM in bestehende Netze ist eine wichtige Voraussetzung für die Einführung dieser Technik im LAN-Bereich. Während bisherige Ansätze nur von der höheren Geschwindigkeit profitieren, nutzt Multiprotocol Over ATM (MPOA) weitere Vorteile von ATM.

Unterthema: iX-TRACT
Unterthema: MPOA hat viele Eltern
Unterthema: Routing in einer MPOA-Umgebung
Unterthema: Glossar

Mit Multiprotocol Over ATM (MPOA) entwickelt das ATM-Forum eine weitreichende Umgebung für die Verwendung von ATM in Datennetzen. Ziel ist die Integration von ATM in bestehende Multiprotokollnetze. MPOA erlaubt den Aufbau virtueller Netze, ein effizientes Routing von Schicht-3-Protokollen wie IP auf diesen Netzen sowie die Nutzung von Dienstegarantien durch Anwendungen.

Virtuelle Netze erlauben den Netzverwaltern, Benutzer unabhängig von ihrem Standort im Netz zu Gruppen zusammenzufassen. Die Systeme der Benutzer können dabei sowohl direkt an ATM als auch an herkömmliche Netze wie Ethernet angeschlossen sein. Gegenüber flachen (gebridgten) Netzstrukturen haben virtuelle Netze weniger Probleme mit Broadcast- und Multicast-Verkehr, da sie die einzelnen Teilnetze voneinander trennen.

Neuer Ansatz für Multiprotokolle über ATM

Bisherige Ansätze für IP über ATM wie Classical IP und LAN-Emulation erlauben nur den Aufbau einzelner Subnetze. Für die Verbindung zweier Subnetze müssen Router eingesetzt werden, welche den Durchsatz einschränken und Verzögerungen bewirken. MPOA gestattet den Aufbau großer, aus vielen Subnetzen bestehender Konstruktionen. Um Routerengpässe zu vermeiden, werden Abkürzungen (Shortcuts) benutzt, über die Rechner unterschiedlicher IP-Subnetze direkt Daten austauschen können.

Weil bei MPOA die Schicht-3-Protokolle direkt auf ATM aufsetzen, ist es möglich, daß die Protokolle Dienstegarantien von ATM wie Bandbreitenreservierung ausnutzen und dem Anwender zur Verfügung stellen. Für die Realisierung seiner Ziele greift MPOA zu einem großen Teil auf bestehende Ansätze des ATM-Forums und der IETF zurück und versucht, diese zu einem Gesamtmodell zu integrieren. Die wesentlichen Ideen stammen aus dem IP-Umfeld.

Eine neue Entwicklung ist das Konzept eines virtuellen Routers. Klassische Router vereinigen zwei Funktionen: den Austausch von Informationen über die Erreichbarkeit von Zielen (IP-Routing) und das Weiterbefördern von IP-Paketen in Richtung der Ziele (IP-Forwarding). Früher erledigte eine zentrale CPU beide Aufgaben, heute trennen Hochleistungsrouter diese Aufgaben. Die Idee eines virtuellen Routers ist, Routing und Forwarding auch räumlich zu trennen. Zentrale Routeserver steuern über ein standardisiertes Protokoll einfache Forwarder. Von dieser Trennung verspricht man sich für große Netze erhebliche Kosteneinsparungen. Zum einen vereinfacht sich das Management durch die Zentralisierung der Routingfunktion, zum anderen sind die Forwarder wesentlich einfacher und damit billiger als klassische Router.

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MPOA vereinigt viele Ansätze für die Nutzung von Protokollen über ATM. Neu ist das Konzept des virtuellen Routers (Abb. 1).

MPOA definiert ein IP-Subnetz als Internetwork Address SubGroup (IASG), als `Bereich von IP-Adressen, die in einem IP-Routingprotokoll zu einer Route zusammengefaßt sind'. Wie im klassischen IP-Netz entspricht dies allen Adressen, die durch ein IP-Broadcast erreicht werden. Andere Eigenschaften gelten aber nicht mehr. So sind nicht nur Rechner des lokalen Netzes direkt - also ohne einen Router - erreichbar, sondern auch Rechner fremder Netze.

Einsatz des Client/Server-Modells

MPOA beruht auf einem Client/Server-Modell und beschreibt Funktionen von logischen Komponenten, Functional Groups (FG) genannt. Clients, zum Beispiel an das ATM angeschlossene Workstations, benutzen von den Servern bereitgestellte Dienste, um IP-Pakete zu verschicken und zu empfangen. Um die Server zu entlasten, speichern Clients Informationen in lokalen Caches. Server versorgen sie mit Informationen, wohin sie ihre Pakete zu schicken haben, und tauschen Routinginformationen aus.

Es gibt zwei Arten von Clients: ATM-attached Hosts und Edge Devices. Beispiele für ATM-attached Hosts sind Workstations, die mit ATM-Karten ausgestattet sind. Die ATM-attached Host Functional Group (AHFG) beinhaltet Funktionen, gewöhnlich in Treibern für die ATM-Karte realisiert, die es den Geräten ermöglichen, an MPOA-Netzen teilzunehmen. Edge Devices sind Bridges beziehungsweise Ethernet-Switches mit ATM-Anschluß und LAN-Emulation. Die Edge Device Functional Group (EDFG) beschreibt Funktionen, die diese Geräte um die Möglichkeit erweitern, MPOA-Dienste zu nutzen.

Fünf verschiedene Serverfunktionsgruppen werden definiert. Ein Configuration Server übernimmt die Anfangskonfiguration der Komponenten und teilt diesen zum Beispiel ATM-Adressen von Servern, die verwendeten Internet-Working-Protokolle und die Paketgröße (MTU) im IASG mit. Das Konzept des Konfigurationsservers wird hierbei weitgehend von der LAN-Emulation übernommen.

In der IASG Coordination Functional Group (ICFG) existieren Funktionen, die für die Verwaltung der Mitglieder einer IASG benötigt werden, wie die Registrierung der ATM- und der MAC-Adressen der am ATM angeschlossenen Hosts.

Die Default Forwarder Functional Group (DFFG) wird benötigt, um die Anzahl der ATM-Verbindungen in einer IASG zu reduzieren und die Verzögerungen durch den Aufbau von ATM-Verbindungen zu umgehen. Wenn Clients keine direkten ATM-Verbindungen zu den Zielen aufgebaut haben, schicken sie die IP-Pakete zu dem Default Forwarder und umgehen somit die Wartezeit bis zum Aufbau einer direkten ATM-Verbindung. Erst bei längeren Übertragungen werden direkte Verbindungen zu den Zielsystemen aufgebaut.

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Der Datenaustausch innerhalb eines Netzes erfolgt über einen Default Forwarder oder Abkürzungen (Abb. 1).

Während ICFG und DFFG für den Verkehr innerhalb eines Netzes zuständig sind, übernehmen die beiden übrigen Serverfunktionsgruppen den Verkehr zwischen Netzen. Die Route Server Functional Group (RSFG) realisiert den Austausch von Routen mit Routeservern anderer IASGs und mit Routern an herkömmlichen Netzen. Die Remote Forwarder Functional Group (RFFG) ähnelt dem DFFG, ist aber für den Verkehr zwischen IASGs zuständig. Sie entspricht der Forwarding Komponente in klassischen Routern.

Vielfältige Umsetzungen sind möglich

MPOA läßt offen, wie diese logischen Komponenten in Produkte umzusetzen sind, insbesondere welches Gerät welche Funktionen übernimmt. So ist einerseits denkbar, Routeserver, Remote Forwarder und EDFG in einem Gerät zu implementieren - was einem klassischen Router entsprechen würde. Andererseits ist es möglich, die Forwarder-Funktion in Edge Devices zu legen - also Ethernet-Switches um diese MPOA-Funktionalität zu erweitern - und diese durch einen zentralen Routeserver zu steuern. Auf diese Weise entsteht ein virtueller Router mit ATM-Backbone, dessen Interfaces verteilt sind.

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Der Verkehr zwischen Netzen geschieht über Remote Forwarder, auch hier sind direkte ATM-Verbindungen möglich. Routeserver steuern das Ganze (Abb. 3).

Sowohl die Daten als auch die Kontrollinformationen werden in der Regel nach RFC 1483 mit LLC-Verkapselung in AAL-5-(ATM-Adaption-Layer-)Pakete eingepackt. Für bestimmte Verbindungen, zum Beispiel zwischen zwei Edge Devices, kommt auch die bei LAN-Emulation verwendete Verkapselung zum Einsatz.

Zwei Arten der Datenübertragung sind möglich: Default Flows und Shortcut Flows. Default Flows erfolgen über ATM-Verbindungen zwischen Clients, Default- und Remote-Forwardern, die ständig aufgebaut bleiben. Default Flows haben den Vorteil, daß Pakete ohne Verzögerungen durchs Netz laufen. Zudem lohnt sich der Aufbau von Verbindungen nicht für kurze Nachrichten. Bei längeren Datenflüssen ist es günstiger, Abkürzungen (Shortcuts) einzurichten, und so eine Überlastung der Forwarder zu vermeiden.

Beim Verkehr innerhalb einer IASG tauschen Endgeräte am ATM Daten untereinander und mit Endgeräten an herkömmlichen Netzen aus. Zudem können herkömmliche Netze über ATM gekoppelt werden. Die Datenübertragung zwischen Geräten am gleichen Edge Device erfolgt über Bridging. Sowohl ATM-attached Hosts als auch Edge Devices bauen zu Beginn Verbindungen zu ihren Default Forwardern auf. Um Abkürzungen einzurichten, fragen sie die IASG Coordination nach der zur IP-Adresse gehörenden ATM-Adresse und speichern diese Zuordnung in einem lokalen Cache.

Vermeidung von Verzögerungen

Beim Datenaustausch zwischen direkt ans ATM angeschlossenen Endgeräten übernimmt MPOA die Vorteile der bisherigen Ansätze und vermeidet deren Nachteile. Wie bei Classical IP sind große Pakete möglich, und wie bei LAN-Emulation wird die Verzögerung beim ATM-Verbindungsaufbau durch die Benutzung von Default Forwardern vermieden, Multicast- und Broadcast-Verkehr ist möglich.

Edge Devices benutzen die LAN-Emulation für ihren normalen ATM-Verkehr. Der Default-Forwarder verbindet ATM-attached Hosts und emulierte LANs. Zusätzlich können Abkürzungen eingerichtet werden. Über diese läuft dann der IP-Verkehr zu den Ethernet-Ports und umgekehrt. Hierbei ist der MAC-Header am IP-Paket zu entfernen beziehungsweise anzufügen.

Bei dem Versenden von IP-Paketen zwischen IASGs können die Clients direkt Remote Forwarder benutzen, oder sie schicken die Pakete an ihren Default Forwarder, der sie dann an den Remote Forwarder weiterschickt. Ein Remote Forwarder ist ständig mit anderen Remote Forwardern verbunden und tauscht IP-Pakete aus.

Abkürzungen vermeiden Routerengpässe

Wie beim Verkehr innerhalb einer IASG sind auch hier Abkürzungen (Shortcuts) möglich, so daß direkte Verbindungen zwischen Systemen unterschiedlicher IP-Netze realisierbar sind. Diese Abkürzungen können über ATM eingerichtet werden, sie können aber auch in Edge Devices erfolgen, um zwei virtuelle LANs direkt miteinander zu verbinden.

Das Routing und die Ermittlung der ATM-Adressen für die Endpunkte der Abkürzungen übernehmen die Routeserver. Die Clients fragen die Routeserver entweder direkt oder indirekt über die IASG Coordination ab. Die Realisierung übernimmt das von der IETF entwickelte NBMA Next Hop Resolution Protocol (NHRP).

Die Verwendung von Abkürzungen zwischen Systemen unterschiedlicher IP-Subnetze ist aus Sicht des IP-Routings nicht unproblematisch. Bei gewissen Netztopologien sind Routingschleifen nicht auszuschließen. Netzadministratoren müssen darauf achten, solche Konstellationen zu vermeiden.

Neben Unicast-Verkehr erlaubt MPOA auch IP-Multicast. Bei IP-Multicast gibt es einen Sender und mehrere Empfänger. Die Bedeutung von Multicast-Verkehr wird in Zukunft stark zunehmen. Zum einen werden bisherige Programme wie Routingprotokolle und Network Time Protocol, die Broadcast benutzten, auf Multicast umgestellt. Zum anderen ist Multicast für viele Multimedia-Anwendungen das ideale Verteilmedium. Die heutige Verteilung von Multicast-Paketen, sowohl bei (switched) Ethernet als auch bei LAN-Emulation, schickt die Pakete zu jedem Endsystem. Dieses muß sie mittels Hardware oder Software herausfiltern. Bei Anwendungen mit hohen Bandbreiten wie Video führt dies zu erheblichen Beeinträchtigungen des Netzbetriebs.

Nutzung von IP-Multicast über ATM

Die effiziente Verteilung von IP-Multicast ist daher eine wichtige Forderung an MPOA gewesen. Die Realisierung beschränkt sich zunächst auf die Verteilung von Multicast-Paketen zwischen MPOA-Clients, die direkt am ATM hängen. Benutzt wird der von der IETF entwickelte Ansatz eines Multicast Address Resolution Server (MARS), dessen Funktion im ICFG implementiert ist. MPOA-Clients wenden sich an den MARS, wenn sie bestimmte Multicast-Gruppen senden oder empfangen wollen.

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Für die Verteilung von Multicast-Paketen gibt es zwei Methoden: Multicast-Server und direkte Verbindungen. Multicast-Server reduzieren die Anzahl der Verbindungen, stellen aber Engpässe dar (Abb. 4).

Zwei Verfahren übernehmen die Verteilung der Multicast-Pakete: ein Multicast-Server (MCS) oder ein Netz von Punkt-zu-Multipunkt-Verbindungen (VC-Mesh). Beim ersten Ansatz schicken die Sender einer Multicast-Gruppe alle Pakete zum Multicast-Server, welcher im Default Forwarder realisiert ist. Der Multicast-Server versendet die Multicast-Pakete über eine Punkt-zu-Multipunkt-Verbindung an alle Empfänger der Gruppe. Beim zweiten Verfahren baut jeder Sender eine eigene Punkt-zu-Multipunkt-Verbindung zu den Empfängern der Multicast-Gruppe auf.

Der Vorteil des Multicast-Servers ist, daß er die Anzahl der Verbindungen bei vielen Sendern drastisch reduziert. Der Server stellt allerdings einen Engpaß dar, die der zweite Ansatz vermeidet. Welches Verfahren besser ist, ist von der Netztopologie und der jeweiligen Anwendung abhängig und kann konfiguriert werden. MPOA definiert neue Wege für die Datenübertragung über ATM und versucht viele bisherige Ansätze zu integrieren. Bei einem solch ehrgeizigen Projekt ist es nicht verwunderlich, daß viele Punkte umstritten sind und alternative Ansätze existieren.

Ein genereller Einwand insbesondere aus der IETF richtet sich gegen die Verwendung von ATM als zugrundeliegende Technik. Der verbindungsorientierte Ansatz und die Komplexität der bei ATM eingesetzten Protokolle sind die Hauptkritikpunkte. Dem MPOA-Modell wird ein klassisches IP-Netz mit Ethernet im lokalen Bereich und mit Standleitungen im WAN gegenübergestellt. Wachstumspfade sind auch hier vorgezeichnet. Switched Ethernet erlaubt heute Übertragungen mit 10 und 100 MBit/s bis zum Endgerät. Ein Gigabit-Ethernet ist in der Entwicklung. Standleitungen bieten heute bis 155 MBit/s, in Zukunft 622 MBit/s.

Kritik wegen der Komplexität

Der Vorteil des konservativen Ansatzes ist, daß die Komplexität der Protokolle geringer ist und diese zum Teil seit Jahren erprobt sind. Verglichen mit zukünftigen MPOA-Netzen wird das Management zunächst einfacher und die Stabilität höher sein. Der Nachteil ist die geringere Flexibilität und die durch Router verursachten Kosten und Engpässe. ATM-Switches haben in der Regel einen deutlich höheren Durchsatz als Router, ein Hauptanliegen von MPOA ist es, die durch Router verursachten Engpässe durch Abkürzungen zu umgehen.

Die Firma Ipsilon Networks hat einen proprietären Ansatz entwickelt, IP-Switching genannt. Der Vorteil von ATM (billige Hardware mit hohem Durchsatz) wird, bei Umschiffung der Nachteile (hohe Protokoll-Komplexität), genutzt. Es bleibt allerdings abzuwarten, inwieweit andere Organisationen den Vorschlag aufgreifen und ob er sich durchsetzt.

Das MPOA-Modell läßt viel Spielraum bei der tatsächlichen Umsetzung in Produkte. Dies bietet die Chance, MPOA den jeweiligen Anforderungen gut anpassen zu können, birgt allerdings die Gefahr, daß Implementierungen weit auseinanderlaufen und nicht interoperabel sind. Insbesondere beim Routing - zentrale Routeserver oder verteiltes Routing in Ethernet-Switches beziehungsweise Edge Devices - gehen die Vorstellungen weit auseinander.

Realisierungenim nächsten Jahr

Zur Zeit ist es noch zu früh, ein endgültiges Fazit zu ziehen. MPOA eröffnet interessante Möglichkeiten, große Netze flexibel zu gestalten. Ein großer Vorteil ist, daß Clients (Workstations, Bridges) am ATM mit relativ geringem Aufwand Routinginformationen nutzen können, so daß auch Verbindungen zu Clients an fremden Netzen mit einer Effizienz möglich wird, wie sie bisher dem lokalen Netz vorbehalten war. Routeserver erleichtern sicherlich das Management großer Netze.

Die Komplexität eines solchen Netzes ist allerdings hoch, vor allem weil viele komplexe Einzellösungen wie das PNNI-Routing auf ATM-Ebene in ein Gesamtsystem integriert werden. Der MPOA-Standard wird voraussichtlich Anfang nächsten Jahres abgeschlossen sein. Bis Produkte verfügbar sind und diese in größeren Netzen interoperabel und stabil arbeiten, dürfte es allerdings noch eine Weile dauern. (jus)

LOTHAR ZIER

(vormals Lothar Klein) ist wissenschaftlicher Mitarbeiter in der GMD (Forschungszentrum Informationstechnik GmbH) im Projekt High Speed Networking (HSN) und beschäftigt sich mit IP Routing und ATM.

(EMail: Lothar.Zier@gmd.de)

Literatur
[1] Eric Andrews; MPOA Ties It All Together; Data Communications; April 1996 http://www.data.com/Tutorials/MPOA_Ties_It_All_Together.html

[2] Caralyn Brown; Baseline Text for MPOA; ATM-Forum; 95-0824; ftp://ftp.atmforum.com/pub/mpoa/

[3] Ross W. Callon, et al.: Routing in a Multiprotocol over ATM Environment; ConneXions; Volume 10; März 1996

[4] Lothar Klein; Angeschoben, IP über ATM mit Classical IP oder LAN-Emulation; iX 95

[5] Lothar Zier; MultiProtocol Over ATM (MPOA); Entwurf; http://www.gmd.de/People/Lothar.Zier/papers/MPOA/

Kasten 1


iX-TRACT

Kasten 2

MPOA hat viele Eltern

MPOA ist kein gänzlich neuer Ansatz, sondern greift bestehende Spezifikationen der IETF und des ATM-Forums auf, ergänzt sie und integriert sie zu einem Ganzen. Vom ATM-Forum sind dies LAN-Emulation (LANE) und Private Network to Network Interface (PNNI). LANE bildet bestehende Netze wie Ethernet auf ATM nach und erlaubt die Kopplung von Maschinen am ATM mit solchen an herkömmlichen Netzen. MPOA benutzt LANE für die Kopplung von Netzen und übernimmt Konzepte wie das des Konfigurationsservers. PNNI ist ein Protokoll für das Routing auf ATM-Ebene, vergleichbar mit OSPF. MPOA erweitert dieses Protokoll, um IP-Routing zu unterstützen.

Von der IETF übernimmt MPOA Teile von RFC 1483, NBMA Next Hop Routing Protocol (NHRP), Resource Reservation Setup Protocol (RSVP) und Multicast Address Resolution Server (MARS). RFC 1483 definiert, wie Schicht-3-(also zum Beispiel IP-)Pakete über ATM verkapselt werden. MPOA verwendet die dort beschriebene LLC-Verkapselung für den Austausch von Kontroll- und Nutzdaten. NHRP erlaubt die Benutzung von Abkürzungen beim Versenden von IP-Paketen über X-25-, Frame-Relay- und ATM-Netze. Hierbei können IP-Pakete direkt Systemen in anderen IP-Netzen zugestellt werden. Dies wird bei MPOA benutzt, um virtuelle Netze effizient miteinander zu verbinden. RSVP erlaubt die Reservierung von Bandbreiten durch Anwendungen. MARS regelt das Versenden von IP-Multicast-Paketen über ATM. Sowohl die direkte Zustellung vom Sender zum Empfänger als auch die Benutzung von Multicast-Servern ist möglich.

Kasten 3


Routing in einer MPOA-Umgebung

Das MPOA-Protokoll regelt den Routingaustausch zwischen Routeservern und Clients. Sie bekommen von den Servern zu IP-Adressen die ATM-Adressen mitgeteilt und speichern diese Zuordnungen in lokalen Caches.

Zwei weitere Arten von Routingprotokollen werden in einem solchen Netz benötigt. ATM-Switches müssen untereinander Routen für den Aufbau von Verbindungen (SVCs) austauschen und Routeserver untereinander und mit Routern an herkömmlichen Netzen IP-Routing-Informationen abgleichen.

Für das Routing von Verbindungen auf ATM-Ebene hat das ATM-Forum das Private Network to Network Interface (PNNI) definiert. Es erlaubt Quality-of-Service-Parameter bei Verbindungen zu berücksichtigen.

Für den Austausch von IP-Routen zwischen den Routeservern existieren drei Ansätze: Layered Routing, PNNI Augmented Routing und Integrated PNNI (I-PNNI).

Beim Layered Routing sind IP-Routing und ATM-Routing voneinander unabhängig, und die Routeserver besitzen keine Informationen über die interne Struktur des ATM-Netzes. Vorteil ist, daß auf IP-Ebene bewährte Routingprotokolle wie OSPF und BGP verwendet werden können und daß neue Routingprotokolle einfacher zu integrieren sind.

Beim PNNI Augmented Routing beteiligen sich die Server zusätzlich am PNNI-Routing der ATM-Switches. Die Routeserver bekommen Informationen über das ATM-Netz, die sie für Autokonfiguration und bessere Verbindungsauswahl benutzen können.

I-PNNI vereinheitlicht das Routing auf ATM- und IP-Ebene. Die Router benutzen nur noch ein Routing-Protokoll für IP- und ATM-Routing. Vorteile sind, daß das End to End Routing auf einer vollständigen Kenntnis der Netztopologie beruht, Autokonfiguration möglich ist und nur noch ein Routingprotokoll zu konfigurieren und zu managen ist. Mit der Erstellung eines Standards für I-PNNI-Augmented-Routing hat das ATM-Forum vor kurzem begonnen.

Welche Lösung vorzuziehen ist, hängt von den Gegebenheiten ab. Bei kleinen ATM-Netzen innerhalb großer IP-Netze erlaubt Layered Routing einen problemlosen Übergang. Bei großen ATM-Netzen wirken sich hingegen die Vorteile der anderen Ansätze stärker aus.

Kasten 4


Glossar

ATM-attached Host Functional Group (AHFG): realisiert die MPOA-Funktionalität in direkt an das ATM angeschlossenen Systemen

Default Forwarder Functional Group (DFFG): Wenn keine direkten ATM-Verbindungen zum Ziel existieren, werden Daten innerhalb eines IP-Subnetzes zum DFFG geschickt.

Edge Device: verbindet herkömmliche LANs mit ATM - in der Regel ein Ethernet-Switch mit ATM-Anschluß und LAN-Emulation, erweitert um MPOA-Funktionen

Internetwork Address SubGroup (IASG): faßt einen Bereich von IP-Adressen für das Routing zusammen und entspricht teilweise einem IP-Subnetz

LAN-Emulation (LANE): vom ATM-Forum festgelegte Spezifikation für ein emuliertes LAN auf einem ATM-Netz

Multicast Address Resolution Server (MARS): realisiert die Verwaltung der Gruppenadressen bei IP-Multicasting über ATM

Multicast Server (MCS): verteilt IP-Multicast-Pakete über ATM

Multiprotocol Over ATM (MPOA): Vorschlag vom ATM-Forum für die Realisierung von Multiprotokollnetzen über ATM

NBMA Next Hop Resolution Protocol (NHRP): von der IETF entwickeltes Protokoll zur Vermeidung von IP-Hops auf X25, Frame Relay und ATM-Netzen

Remote Forwarder Functional Group (RFFG): realisert den Forwarding-Teil eines virtuellen Routers

Route Server Functional Group (RSFG): realisiert den Routing-Teil eines virtuellen Routers